Gedichte sind eine der ältesten und vielseitigsten Formen der Literatur. Sie können Gefühle, Stimmungen oder Geschichten ausdrücken und folgen dabei oft bestimmten Strukturen oder Formen. Im Folgenden stellen wir einige der wichtigsten Gedichtarten vor – mit Beispielen, die die jeweilige Form verdeutlichen.
1. Das Sonett
Das Sonett ist eine strenge Form mit 14 Zeilen, die in zwei Quartette (Vierzeiler) und zwei Terzette (Dreizeiler) unterteilt sind. Es folgt meist einem festen Reimschema, wie dem abba abba cdc dcd.
Beispiel:
Ein Sommerabend
Die Sonne sinkt, der Tag sich still ergießt,
Die Winde schlafen, alles ruht im Hain.
Im fernen Blau erglüht ein goldner Schein,
Die Nacht erwacht, ein sanftes Lied sie gießt.
Der Fluss, er flüstert leise, zieht und fließt,
Der Mond steigt still, sein Antlitz klar und rein.
Der Wald, er atmet tief, im Dunkel fein,
Ein Zauber, der die Seele sanft umschließt.
2. Das Haiku
Das Haiku ist eine kurze, japanische Gedichtform mit drei Zeilen und einer Silbenstruktur von 5-7-5. Es beschreibt oft Natur oder einen Moment.
Beispiel:
Am kalten Morgen,
Reif glitzert auf den Blättern,
Stille liegt im Tal.
3. Die Ballade
Die Ballade erzählt eine Geschichte in Gedichtform. Sie verbindet epische, lyrische und dramatische Elemente und hat oft eine festgelegte Strophenstruktur.
Beispiel (Ausschnitt):
Der Erlkönig von Johann Wolfgang von Goethe
„Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er fasst ihn sicher, er hält ihn warm.“
4. Das Akrostichon
Ein Akrostichon ist ein Gedicht, bei dem die Anfangsbuchstaben der Zeilen ein Wort oder eine Botschaft ergeben.
Beispiel:
Sonne
Strahlen tanzen über das Meer,
Offen lockt der Tag uns hinaus,
Neue Wege in goldenem Licht,
Niemand bleibt von ihr unberührt,
Ewigkeit scheint sie zu versprechen.
5. Die Ode
Die Ode ist ein feierliches, oft pathetisches Gedicht, das ein hohes Thema oder eine Person lobpreist. Sie hat keine feste Form, wirkt aber oft erhaben.
Beispiel:
An die Freude von Friedrich Schiller
„Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum.“
6. Der Limerick
Der Limerick ist eine humorvolle Gedichtform mit fünf Zeilen und dem Reimschema aabba. Oft endet er mit einer Pointe.
Beispiel:
Es war ein Poet aus Berlin,
Der schrieb, bis die Federn verglüh’n.
Sein Reim war famos,
Doch das Ende grandios –
Die Musen, sie dankten ihm kühn.
7. Das Elfchen
Ein Elfchen ist ein modernes, kurzes Gedicht mit genau elf Wörtern, verteilt auf fünf Zeilen. Es eignet sich gut für Kinder und Anfänger.
Beispiel:
Blätter,
Im Herbst,
Fallen leise nieder,
Die Farben tanzen froh,
Abschied.
8. Die Elegie
Die Elegie ist ein klagendes oder melancholisches Gedicht, oft über Verlust oder Vergänglichkeit.
Beispiel:
Der Herbstwind weht
Der Herbstwind weht, er nimmt das Laub,
Er trägt es fort in kühler Trauer.
Der Baum, er steht nun kahl und grau,
Der Winter naht, die Tage dauern.
9. Das Epigramm
Ein Epigramm ist ein kurzes, oft satirisches oder pointiertes Gedicht, das eine scharfsinnige Botschaft vermittelt.
Beispiel:
Der Mensch will hoch hinaus, so sagt man,
Doch oft reicht ihm auch der Wahn.
Fazit
Die Vielfalt der Gedichtarten zeigt, wie kreativ und wandelbar Poesie ist. Egal ob streng formal oder spielerisch frei – Gedichte bieten für jede Stimmung und jeden Anlass eine passende Form. Probieren Sie es aus und entdecken Sie Ihre Lieblingsart!